Foyer des Alten Kreishauses. © Kreisarchiv Herzogtum Lauenburg.
Die Gründung des Kreisarchivs Herzogtum Lauenburg
Als erster Archivar nahm Dr. H. Ferdinand Gerhard 1925 seine Arbeit im Kreisarchiv auf. Im Laufe der Jahre ist das Kreisarchiv mehrmals umgezogen und war in verschiedenen Gebäuden untergebracht. Von 1925 bis 1955 befand es sich schon einmal im Alten Kreishaus am Markt, von 1955 bis 1982 dann in den Räumen der Domprobstei auf der Domhalbinsel und seit 1982 und dem Neubau des Kreisverwaltungsgebäudes in der Barlachstraße in Ratzeburg wieder im Alten Kreishaus.
Seit 1982 ist die Benutzung des Archivs durch eine entsprechende Satzung des Kreises Herzogtum Lauenburg geregelt – als Grundlage dient das Schleswig-Holsteinische Archivgesetz von 1992 in der aktuellen Version.
Das Alte Kreishaus am Marktplatz mitten auf der Insel in Ratzeburg wurde in den Jahren von 1726 bis 1728 von dem lübschen Baumeister Joseph-Wilhelm Petrini gebaut. Von jeher hat es als „Behördenhaus“ gedient, wenn auch im Laufe der Jahre für unterschiedliche Institutionen. Dazu zählten nach und nach die Regierungskanzlei, das Kreisgericht und ab 1882 die Verwaltung des Kreises Herzogtum Lauenburg. Im Wesentlichen ist dies auch heute noch der Fall, allerdings zog der überwiegende Teil der heutigen Kreisverwaltung 1982 in das neu errichtete Gebäude in der Barlachstraße in Ratzeburg. Seitdem wurden die hiesigen Räume unterschiedlich genutzt, zur Zeit sind neben dem Kreisarchiv die Kreismusikschule, einige Bereiche der Kreisverwaltung, der Kreispräsident und die Fraktionsräume für die im Kreistag vertretenen Parteien untergebracht.
Der Sitzungssaal
Der Kreistag nutzte diesen Raum bereits seit 1884 als Sitzungssaal. Im Jahr 1909 beschloss man, diesen Saal seiner Bedeutung entsprechend zu gestalten, d.h. ihm ein würdigeres und repräsentativeres Aussehen zu geben. Dazu gehörte die Erneuerung der Decken- und Wandflächen sowie des Fußbodens. Nach Abwägung verschiedener Vorschläge entschied man sich 1913/1914 bei der Verzierung der bislang kahlen Wände, eine Teppichwirkerei in Ober-Schreiberhaus in Schlesien mit Wandteppichen zu beauftragen, auf denen Motive zur lauenburgischen Geschichte zu sehen sind. Während des Ersten Weltkrieges begann die Künstlerin Wanda Bibrowicz mit der Arbeit an den Teppichen. Da sie Schlesien nach Kriegsende verlassen musste, beendete sie ihre Arbeit in Schloss Pillnitz bei Dresden. Erst im Januar 1922 kamen die Teppiche in Ratzeburg an, da sie wegen ihres künstlerischen Wertes zunächst im Kunstgewerbemuseum Berlin und im Altonaer Museum ausgestellt worden waren. Leitthema der Wandteppiche sind Aspekte der lauenburgischen Geschichte. Dazu zählten die Kolonisierung der Germanen und die Einführung des Christentums um die Mitte des 12. Jahrhunderts, die lauenburgische Städte, die Jagd und der lauenburgische Adel. Der Sachsenherzog Heinrich der Löwe wird in Begleitung einiger Ritter dargestellt. Der Mann mit der betenden Gebärde der Hände neben ihm ist vermutlich Heinrich von Badewide, der erste Graf von Ratzeburg (Abbildung links). Die Längsfront des Saales wird von drei Teppichen geziert, die typische und unverwechselbare Motive der alten lauenburgischen Städte Ratzeburg (mit Dom), Lauenburg (an der Elbe) und Mölln (mit Nikolaikirche) darstellen. Über der Eingangstür sieht man Szenen aus der Jagd, auch diese für Lauenburg typisch und mit einer langen Tradition behaftet. In diesem Fall handelt es sich um die Beizjagd, einer Jagdart, die im Mittelalter mit Hilfe eines Reihers ausgeübt wurde. Einen gezähmten Raubvogel – meist ein Falke – hielt der Jäger auf seiner Faust, von wo er sich auf das jagende Wild stürzte. Zwischen den Fenstern zum Marktplatz befinden sich die Teppiche mit den Wappen lauenburgischer Adelsfamilien, ergänzt von dem Wappen der Askanier, dem Geschlecht, das bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1689 den lauenburgischen Herzog stellte.
Die Bismarck-Nische
Sofort nachdem das Herzogtum Lauenburg gemäß der Konvention von Gastein 1865 mit dem Königreich Preußen in Personalunion verbunden worden war, machte König Wilhelm I. Otto von Bismarck zum preußischen Minister für lauenburgische Angelegenheiten. Von Anfang an verfolgte der preußische König die Absicht, das souveräne Herzogtum vollständig in seinen Staat zu integrieren. Bismarck verhandelte von 1865 bis 1876 mit den lauenburgischen Ständen um die Konditionen für eine völlige Eingliederung dieses Territoriums. Seine Einschätzung über die politischen Zustände Lauenburgs war nicht gerade schmeichelhaft: „Lauenburg ist in vielen Zügen und ganz besonders im Finanzwesen heute noch ein Miniaturbild des Mittelalters … und die Verhältnisse so verschieden von dem Organismus des modernen Staates, so fremd die Vorstellungen, in denen wir uns bewegen, so dass wir uns nicht auf dem Boden befinden, auf dem heutige Staaten stehen.“ So negativ der Beigeschmack eines solchen Satzes wirken mag, Bismarck hegte von Anfang an Sympathien für diesen Landstrich, die sich in den jahrelangen Verhandlungen immer wieder zeigten. In Anerkennung für seine Verdienste um das Zustandekommen des Deutschen Reiches schenkte der preußische König Otto von Bismarck am 24. Juni 1871 einen Teil des dem König zustehenden lauenburgischen Domanialbesitzes. Dieser Teil bestand aus dem herzoglichen Grundbesitz im Amt Schwarzenbek, wozu auch der Sachsenwald gehörte. Die Verleihung dieses „Dotationsbesitzes“ verstärkte ganz wesentlich die privaten Beziehungen Otto von Bismarcks zum Herzogtum Lauenburg. Um künftig als „landtagsfähiges“ Gut geführt werden zu können, erhob Wilhelm I. in seiner Funktion als Landesherr den Besitz im Amt Schwarzenbek zum Rittergut, wozu die lauenburgische Ritter- und Landschaft ihre Zustimmung erteilte. Der Besitz des Sachsenwaldes hat Bismarck über seine Tätigkeit als Minister für Lauenburg hinaus mit dem Herzogtum verbunden. Das Domizil in Friedrichsruh wurde Bismarcks Ruhesitz nach seiner Demission im März 1890. Anlässlich seines Abschiedes verlieh ihm Wilhelm II. die „Würde eines Herzogs von Lauenburg“. Bismarck hätte diesen Titel wohl gerne abgelehnt, doch ließ ihm eine vorzeitige Veröffentlichung keine Möglichkeit mehr dazu. Er hat diesen Titel aber nie geführt. Gleichzeitig erhielt er aber das Recht, auf Lebenszeit als beratendes Mitglied dem Kreistag anzugehören. Aus diesem Grund steht in der sogenannten „Bismarcknische“ im Historischen Sitzungssaal ein Sessel, der angeblich ausschließlich dem ehemaligen Reichskanzler vorbehalten war, wenn er an den Kreistagssitzungen teilnahm, was er aber nur einmal geschah.
(Text Cordula Bornefeld, 2010)